Dass die yogische Ernährung ein Thema für mich ist und dass es viele Parallelen zum Clean Eating gibt, weisst du spätestens, wenn du mein Buch „Clean Eating Basics“* gelesen hast – neben einem Yoga-Teil ist nämlich auch ein Kapitel zur yogischen Ernährung enthalten. Im Rahmen meiner 200h Ausbildung zur Yogalehrerin, und auch in der +300h Aufbauausbildung und darüber hinaus, habe ich mich intensiv mit dem Thema beschäftigt. Mich interessiert aber auch, wie andere die yogische Ernährung für sich interpretieren und im Alltag umsetzen. Daher habe ich Romana Lorenz-Zapf und Holger Zapf, die Gründer und Inhaber von UNIT Yoga und meine Lehrer in der Yogalehrer-Ausbildung, zu diesem Thema interviewt. Ich finde die Antworten sehr spannend und inspirierend und wünsche dir viel Spaß beim Lesen!
Liebe Romana, lieber Holger, wie ernährt ihr euch eigentlich?
Romana: Ich habe 2 Jahre lang einmal streng vegan gelebt, das hat mir allerdings nicht sehr gut getan. Ich war sehr müde und mir war ständig kalt. Dann habe ich 1-2x pro Woche Käse wieder aufgenommen, allerdings nur Ziegen- und Schafskäse. Kuhmilch oder Produkte, die Kuhmilch enthalten nehme ich nicht zu mir. Im Grunde ernähre ich mich jetzt 80% vegan und 20% vegetarisch und damit geht es mir einfach sehr gut. Ich esse viel Gemüse, Obst sowie Vollkornprodukte, auch Nüsse, Tofu und Hülsenfrüchte als Eiweißlieferant und eben noch etwas Ziegenkäse. Ich finde es wichtig, seine eigene, dem Körper entsprechende Ernährung zu finden. Es nützt ja nichts, wenn man meint rein vegan essen zu müssen, um dann bei jedem Käsefondue schlecht drauf zu sein. Meine Meinung ist, dass die Balance in allem wichtig ist. Auch in der Ernährung.
Holger: Ich ernähre mich seit einigen Jahren vegan, esse 3x am Tag und achte darauf, viel Eiweiß und frisches Gemüse zu essen. Kohlenhydrate versuche ich eher zu reduzieren. Als Eiweißquelle bevorzuge ich Nüsse, Hülsenfrüchte und Tofu. Bei den Nüssen variiere ich zwischen den unterschiedlichsten Nusssorten und esse davon wirklich viel. Dazu gibt es 2-3 Liter stilles Wasser, ganz wenig Alkohol, aber an Kaffee und Zartbitterschokolade komme ich nicht vorbei! 🙂
Ernährt ihr euch so schon immer, oder hat sich eure Ernährung durch den Yoga verändert?
Romana: Meine Ernährung hat sich definitiv durch Yoga verändert. Vor 20 Jahren habe ich auch Fleisch gegessen und über das Essen gar nicht nachgedacht. Yoga hat mich bewusster gemacht und ich habe irgendwann automatisch angefangen darüber nachzudenken, was ich so in mich hineinstopfe und was es für Auswirkungen auf mich und mein Leben hat. Von daher ja, Yoga war definitiv der Auslöser, bewusster zu werden und damit auch bewusster zu essen. Ich spürte plötzlich, was mir gut tut und was nicht. Dennoch habe ich nie vergessen, dass ich vor 20 Jahren dieses Bewusstsein noch nicht hatte. Aus diesem Grund verurteile ich niemanden, der Fleisch isst, denn jeder von uns Yogis hat früher Fleisch gegessen und sollte den Menschen die Zeit lassen, das Bewusstsein für sich zu erlangen.
Holger: Manchmal erzählt Romana in unserer Yogalehrerausbildung von unserer ersten Begegnung bei einer Firmenveranstaltung. Ich lief mit einem Teller voll mit Bergen aus Fleisch und Nudeln durch die Gegend, balancierte in der anderen Hand ein Weizenbier und hab dann einen freien Platz neben Romana entdeckt. Ich bildete mir erst ein, sie machte so große Augen, weil ich neben ihr saß, es war aber wohl eher, wegen der ungesunden Sachen, die ich da so in mich hineinstopfte. Durch Romana bin ich dann auch zum Yoga gekommen und kann den Satz „Yoga macht was mit Dir“ nur unterschreiben. Mit der Zeit hat sich meine Ernährung von alleine umgestellt und es haben sich nach und nach immer mehr tierische Produkte aus meinem Speiseplan verabschiedet. Es war für mich also keine bewusste Entscheidung im Sinne von: „ab heute esse ich nichts tierisches mehr…“, sondern eher ein Prozess. So habe ich dann irgendwann festgestellt, dass ich mich vegan ernähre und das tut mir einfach sehr gut. Ich empfinde das also nicht als Verzicht, sondern eher als Gewinn und fühle mich fit und energiegeladen. Für mich ist es momentan genau die richtige Ernährung!
Hat die Yogaphilosophie, insbesondere Ahimsa, die Gewaltlosigkeit, einen Einfluss auf eure Ernährungsweise?
Romana: Ahimsa bedeutet in der Yogaphilosophie gewaltlos aber auch achtsam mit allen Lebewesen umzugehen. Das ist ein Grund, jedoch nicht der einzige Grund. Als ich mit Yoga anfing, war die Yogaphilosophie für mich noch nicht so präsent. Somit ist das Schritt für Schritt entstanden, nicht von jetzt auf gleich. Als ich das erste Mal von Ahimsa hörte, habe ich viel nachgedacht und in diesem Punkt erst einmal angefangen, sehr bewusst einzukaufen. Ich habe dann geschaut, dass ich Fleisch sehr selten und dafür nur im Bioladen kaufe und auch darauf geachtet, wo es herkommt. Irgendwann konnte ich dann kein Fleisch mehr essen, von jetzt auf gleich. Als hätte sich ein Schalter umgelegt.
Holger: Ich habe im Laufe der letzten Jahre mit Erschrecken festgestellt, dass ich zu den Zeiten in denen ich tierische Produkte – vor allem Fleisch – gegessen habe, das Wohl der Tiere quasi ausgeblendet hatte. Ich wusste natürlich von Massentierhaltung, aber ich habe es nicht in Bezug zu meiner Ernährung gesetzt. In den letzten Jahren hat sich das sehr stark verändert. So habe ich nicht aus ethischen Gründen begonnen mich vegan zu ernähren, sondern weil es mir gut tut, aber mittlerweile finde ich es ganz schlimm, dass Tiere so leiden müssen, um uns Menschen als billige Nahrungsquelle zu dienen.
Ich arbeite mich gerade in das riesige Thema „Ayurveda“ ein und bin dabei, Neues auszuprobieren – auch auf meine Ernährung bezogen. Hat der Ayurveda auch Einfluss auf eure Ernährungsgewohnheiten?
Romana: Meine Mutter ist Ayurvedatherapeutin, von daher weiß ich einiges zu diesem Thema. Es ist sehr umfangreich und das Kochen nach Ayurveda setzt gewisses Wissen über diese Heilkunst voraus. Ich finde Ayurveda toll, mir persönlich ist es jedoch viel zu kompliziert. Bei mir muss Ernährung einfach sein und unkompliziert in meinen Alltag reinpassen, ohne Kochbücher wälzen und Kräuterkunde oder Heilpflanzen studieren zu müssen. Ich achte einfach darauf, was mir gut tut, da ich glaube, dass jeder Körper seine eigene „Bedienungsanleitung“ hat. Leider schleichen sich bei uns im Laufe unseres Lebens schlechte Gewohnheiten ein, die wir schwer wieder ablegen können. Hier helfen dann „Ernährungskonzepte“, um aus den Gewohnheiten herauszukommen. Aber auch ein anderen Konzept, behebt meiner Meinung nach nicht die Gewohnheit, die immer im Hintergrund schlummert und im schlechtesten Fall wieder durchschlägt, wenn man eine Krise hat oder gestresst ist. Ich glaube, dass man sich durch Yoga seiner Gewohnheiten bewusst werden kann. Und Bewusstheit ist die Voraussetzung für eine dauerhafte Veränderung.
Holger: Ich habe mich immer viel mit Ernährung beschäftigt und irgendwann beobachtet, wie wenig die Wissenschaft eigentlich über Ernährung weiß und wie weit es mich davon abgebracht hat, in mich hineinzuspüren, was mir gut tut. Ich habe mich da eher auf Studien verlassen und gedacht, dass das dann auch gut für mich sein muss, als dass ich einfach erspürt habe, ob mir ein Nahrungsmittel gut tut, oder nicht. Dann habe ich beobachtet, dass immer neue Studien heraus kommen. Mal soll es gut für sein viele Kohlenhydrate zu essen, dann wieder gar keine, Fett macht mal fett und ein paar Jahre später macht es satt und ist lebensnotwendig. Deswegen versuche ich auf meinen eigenen Körper zu hören, mich nicht so sehr von äußeren Faktoren beeinflussen zu lassen, sondern in mich hineinzuspüren, was mir wirklich gut tut …gleichwohl ich Ayurveda für ein ziemlich ausgeklügeltes System halte.
Liebe Romana, lieber Holger, ich danke euch für die sehr spannenden Einblicke und eure Zeit!
1 Kommentar zu „Interview mit Romana Lorenz-Zapf und Holger Zapf über yogische Ernährung, Ahimsa und Ayurveda“
Liebe Hannah,
vielen Dank für dieses interessante Interview! Ich verfolge deinen Blog schon seit einigen Monaten und bin jedes Mal erfreut, wenn du neue Inhalte für deine Besucher bereit stellst. Vor allem was die Ernährung anbetrifft konnte ich bei dir schon sehr viel lernen! Ich habe das immer als Mythos abgetan, dass die Ernährung der ausschlaggebende Faktor hinsichtlich des Trainings oder einfach des gesunden Lebens ist. Aber dieser Aspekt ist wirklich ungeheuer wichtig!
Also mach auf jeden Fall weiter so, vielen Menschen mit deinen Ratschlägen zu helfen.
Liebe Grüße und ein schönes Wochenende,
Claus B.